20 Jahre nach Peking: Gesundheit und Krankheit haben ein Geschlecht

Pressemitteilung
06.03.2015
Frauengesundheit ist ein Menschenrecht – weltweit. Auch in Deutschland müssen wir immer noch für den konsequenten und nachhaltigen, nach Geschlecht differenzierenden Blick streiten, um blinde Flecke in der Forschung, der Lehre und der Gesundheitsversorgung zu erhellen.

Ein wichtiger Impuls hierzu ging von der vierten Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen 1995 in Peking aus. Die dort verabschiedete Aktionsplattform war ein historischer Durchbruch für die Rechte der Frauen. Regierungen von 189 Staaten unterzeichneten die Erklärung mit der Verpflichtung, die Forderungen in 12 Handlungsbereichen einschließlich der Gesundheit von Frauen umzusetzen. Die Umsetzung verläuft jedoch langsam und der Handlungsleitfaden wird von zu wenigen Staaten beachtet. Es ist ein Skandal, dass weltweit noch immer Millionen von Frauen Schwangerschaftsbedingte Komplikationen erleiden oder sogar daran sterben müssen. Dabei ist in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen von 1948 das Recht auf Gesundheit - und damit auch auf sexuelle und reproduktive Gesundheit – festgeschrieben. Fast alle der acht so genannten Milleniumsziele der Vereinten Nationen stehen in direkter oder indirekter Verbindung mit Frauengesundheit. Das fünfte Ziel sieht die Verbesserung der Gesundheit von Müttern und Senkung der Müttersterblichkeitsrate um drei Viertel bis zum Jahr 2015 vor.

Auch in Deutschland hat sich 20 Jahre nach Peking vieles nur recht zögerlich bewegt: Der erste und einzige Frauengesundheitsbericht aus dem Jahr 2001 wurde bisher nicht fortgeschrieben und es fehlen Anreize und Anforderungen, die Gesundheitsversorgung geschlechtergerecht zu gestalten. Trotz neuer geschlechtsassoziierter medizinischer Forschungsergebnisse gehen Forschung, Lehre und Behandlung im Gesundheitswesen weiterhin von einem geschlechtsneutralen Konzept aus: Sie orientieren sich einseitig an der Körperlichkeit und der psychosozialen Befindlichkeit des Mannes. Zudem bestehen in vielen gesamtgesellschaftlichen Zusammenhängen Benachteiligungen von Frauen, die sich negativ auf deren Gesundheit auswirken können. Geringere Entlohnung oder schlechtere Karrierechancen, psychische und körperliche Gewalt, wenig Teilhabechancen bei Entscheidungspositionen oder in Vorständen und vieles andere.

Dr. med. Regine Rapp-Engels: „Die Versäumnisse in Bezug auf eine geschlechtergerechte Gesellschafts- und Gesundheitspolitik müssen dringend angegangen und den Teilhabemöglichkeiten und der Gesundheit von Frauen eine politisch viel höhere Priorität eingeräumt werden“.
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