Herausforderung für Ärztinnen 2020: Karriereplanung in einem männerdominierten Umfeld

Die Frage, wie sich der Anspruch auf gleiche Teilhabe in einem männlich dominierten Umfeld durchsetzen lässt, beschäftigt viele junge Ärztinnen. Doch gerade jetzt findet ein Umbruch statt: Die Corona-Pandemie verändert lange gewohnte Gefüge. Diesen Wandel gilt es mutig mitzugestalten.

Demnächst stellen Frauen die Mehrheit im ärztlichen Beruf und gerade die operativen Fachgebiete müssen sich um Berufseinsteigerinnen und Ärztinnen zur Besetzung von Leitungsfunktionen bemühen. Allerdings sind diese Bereiche häufig noch von männlich dominierten Strukturen geprägt. Um die eigenen Lebensziele und den angestrebten beruflichen Erfolg zu erreichen, bietet ein strukturiertes Vorgehen Vorteile.

Fähigkeiten entwickeln
Zunächst bedeutet das, seine Ziele klar und für die jeweilige Lebensetappe passend zu definieren – am besten schriftlich und im Diskurs mit Mentor:innen, Partner:innen und anderen Vertrauenspersonen. Hinterfragen Sie dabei innere Barrieren. Karriereambitionen müssen Frauen gegenüber Vorgesetzten zeigen und sich zeitgleich gut vernetzen: im Kolleg:innenkreis, in Gremien und Fachgesellschaften. Um sich die Freude am Beruf zu erhalten, hilft es, sich immer wieder auf seine Ursprungsmotivation und seine ethischen und ärztlichen Überzeugungen zu besinnen und die gewaltfreie Kommunikation zu pflegen. In einem männerdominierten Umfeld müssen viele Frauen sexistische Anmache abwehren: Das geht durch Solidarisierung unter Kolleg:innen, die solche Vorgänge gemeinsam publik machen. Persönlich lassen sich Antworten und Reaktionen trainieren.

Auch Standpunkte in der Partnerschaft sind zu klären: Kann dieser Mann/diese Frau eine ebenbürtige Frau ertragen? Stärkt mir diese Person den Rücken bei Beruf und gemeinsamer Verantwortung für Kinder? Schließlich gilt es, persön­liche Fähigkeiten für die Karriere zu entwickeln: delegieren, sich Unterstützung organisieren, soziale und Führungskompetenz ausbauen sowie Kommunikations- und Teamfähigkeit, etwa durch die Teilnahme am Curriculum Ärztliche Führung. Wichtig sind auch ökonomische Kenntnisse, wie sie ein berufsbegleitendes MHBA-Stu­dium bietet.

Kümmern Sie sich rechtzeitig um Ihre Ressourcen! Stärken Sie Ihr berufliches Selbstvertrauen, Ihre Resilienz und Ihr Durchhaltevermögen, indem Sie sich einen emotionalen Ausgleich im Familien- und Freundeskreis schaffen und Hobbys nicht vernachlässigen.

Den Kontext gestalten
Ebenso wichtig ist es, seinen beruflichen Kontext zu steuern: Sprechen Sie die Förderung durch Vorgesetzte in Mitarbeitergesprächen an, kümmern Sie sich um und reden Sie über wissenschaftliche Qualifikationen oder Ihr Engagement für interne Aufgaben wie die Dienstplangestaltung. Lassen Sie sich die Karrierepfade und Organisationsstrukturen, etwa an der Universität, transparent darlegen. Suchen Sie sich weibliche Vorbilder und sprechen Sie diese direkt an, etwa auf Kongressen oder während eines Mentorings. Ziel ist ein funktionierendes berufliches Netzwerk. Um das zu ermöglichen, braucht es Unterstützung, etwa eine Kinderbetreuung für Kongressteilnahmen. Wirken Sie selbst auf familienfreundliche Arbeitsplatzstrukturen hin, indem Sie solche Stellen bevorzugen.

Frauen führen anders
Insgesamt ist es in einem männlich geprägten Umfeld wichtig, sich mit männlichen Verhaltensweisen vertraut zu machen, um sie einordnen und adäquat reagieren zu können. Inwiefern Sie selbst solche Strategien anwenden, hängt davon ab, wie es zur Persönlichkeit und zur Position passt. Durch Einlesen und inter­aktive Seminare lässt sich herausfinden, was stimmig ist. Jedenfalls können Frauen weibliche Verhaltensweisen im Beruf authentisch leben. „Frauen führen anders“ ist ein beachtetes Karrierekonzept.

Dr. med. Astrid Bühren war von 1997 bis 2009 Präsidentin des DÄB und ist seither als Ehrenpräsidentin aktiv. Ihre Erfahrungen in frauendominierten Verbänden und männerdominierten Gremien wie Bundes­ärztekammer, Landesärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns gibt sie im Coaching und Mentoring weiter.

E-Mail: abuehren@t-online.de
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