„Es darf keine Mütter erster und zweiter Klasse geben“

DÄB fordert Nachbesserung des Mutterschutzes für selbständig berufstätige werdende Mütter im Versicherungsvertragsgesetzes (VVG)

Pressemitteilung
17.02.2017
Der Deutsche Ärztinnenbund e.V. (DÄB) begrüßt die geplante Aktualisierung des Mutterschutzgesetzes, das bereits im Januar 2017 in Kraft treten sollte und hat sich aktuell bereits an den Familienausschuss des Bundestags gewandt. Eine abschließende Beschlussfassung steht noch aus. Bisher sind Selbständige nicht vom Mutterschutzgesetz erfasst. Bei einer öffentlichen Anhörung zum Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG) am vergangenen Montag im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages war ein damit zusammenhängender Änderungsantrag zum Versicherungsvertragsgesetz (VVG) Thema, mit dem eine Schutzlücke zumindest teilweise geschlossen werden kann.

Artikel 6 Absatz 4 des Grundgesetzes besagt: „Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft“ und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) formuliert: „Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt … auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor“. Diese Regelungen betreffen im Gegensatz zum Mutterschutzgesetz alle Frauen und damit auch Selbständige. Auch die Richtlinie 2010/41/EU zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, fordert In Artikel 1 „insbesondere den Mutterschutz von selbständig erwerbstätigen Frauen zu verstärken“ und „ihnen ein Recht auf Mutterschaftsleistungen zu gewähren.“

Der DÄB befürwortet deshalb die Ausweitung des Leistungsanspruchs aus einer privaten Krankentagegeldversicherung für schwangere Versicherte und Wöchnerinnen außerordentlich, denn damit sind auch selbständig erwerbstätige, privatversicherte (werdende) Mütter, wenn sie eine Krankentagegeldversicherung abgeschlossen haben, finanziell abgesichert. Dies ermöglich zum Beispiel Ärztinnen, auch während der Mutterschutzfristen ihren Lebensunterhalt und die Weiterführung ihrer Praxis zumindest teilweise sicherzustellen. Privat versicherte selbständige Frauen haben derzeit nicht die Möglichkeit, Verdienstausfälle während der gesetzlichen Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) mit dem Mutterschaftsgeld zu kompensieren.

Dr. med. Astrid Bühren, Ehrenpräsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes, sagte dazu im Auftrag des DÄB im Ausschuss: "Dies ist für Ärztinnen, die erwägen, sich in jüngerem Lebensalter niederzulassen, ein wesentlicher Punkt. Denn wie sollen sie Praxiskosten und Gehälter bezahlen, wenn sie direkt vor und nach der Geburt eines Kindes nicht in ihrer Praxis arbeiten können? Ärztinnen stellen inzwischen die deutliche Mehrheit der ärztlichen Berufseinsteiger. Von ihnen hängt es ab, wie groß oder gering – der Ärztinnen- und Ärztemangel sein wird. Eine Gesetzesänderung wirkt sich daher auch nicht zuletzt zum Vorteil für die gesundheitliche Versorgung von Patienten und Patientinnen aus. Insbesondere die Niederlassung in einer Einzelpraxis auf dem Land verliert dadurch zum Beispiel für junge Ärztinnen an Schrecken."

Eine ergänzende Regelung zur finanziellen Absicherung der Mutterschutzfristen hält der Deutsche Ärztinnenbund für dringend erforderlich und gerechtfertigt, denn die entstehenden Kosten dürfen nicht individuell der einzelnen Frau und Mutter aufgebürdet werden. Dass auch selbständige berufstätige und privatversicherte Frauen Kinder bekommen, ist zudem von allgemeinem Interesse. Dr. Bühren stellte abschließend fest: „Unser Staat hält den Mutterschutz jedoch bisher selbst nicht ein. Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) muss für alle werdenden Mütter, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, gelten und darf nicht bedeuten, dass selbständig verdienende Schwangere und Mütter - von der Floristin über die Hebamme bis zur selbständigen Ärztin oder Anwältin nicht schützenswert sind. Es ist hoch zu bewerten, dass der Gesetzgeber die bestehende Schutzlücke erkannt hat. Entscheidend ist, dass es künftig keine werdenden Mütter 1. und 2. Klasse mehr geben darf, sondern dass tatsächlich jede Mutter einen gleichwertigen Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft hat."
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