Foto: Hendrik Steffens

So geht modernes Netzwerken unter Frauen

Hier 4 Tipps, mit denen sich Frauen gegenseitig voran bringen. Der Verein ProQuote Medien hat damit gute Erfahrungen gemacht.

Zigarrerauchende ältere Herren im Hinterzimmer, junge Anzugträger mit gelockerter Krawatte beim Feier­abendbier, das gemeinsame Abendessen in gelöster Atmosphäre mit Kollegen: Wir kennen sie alle, die – vielleicht etwas klischeehaften, aber teils auch zutreffenden – Bilder der „Boys Clubs“. Hier werden Seilschaften geknüpft, Absprachen getroffen, Jobs verteilt. Diese Netzwerke sind fest geknüpft, Frauen dringen oft nicht durch und sind meist auch gar nicht vorgesehen. Zeit dafür hätten sie abends eh nicht, schließlich stemmen sie täglich eineinhalb Stunden mehr unbezahlte Arbeit mit Kindern, Pflege und Haushalt als Männer.

Fest steht: Wir brauchen keine Zigarren, Hinterzimmer oder Biertresen. Wir brauchen einen modernen Ansatz des Netzwerkens. In der Realität haben wir alle natürlich schon längst heterogene Netzwerke, bestehend aus Männern und Frauen, die uns fördern, mit denen wir uns austauschen, die wir unterstützen. Doch bei einem Machtanteil von 13 Prozent Frauen in Führung in der Universitätsmedizin braucht es neben diesen Netzwerken vielleicht auch mehr solidarisches Netzwerken unter Frauen, sonst dauert die Gleichstellung einfach viel zu lange.

Diese vier Tipps sind inspiriert von meiner Arbeit im Vorstand von ProQuote Medien. So arbeiten wir seit Jahren in unseren Redaktionen und im Verein, vieles davon hat sich bewährt. Auch in meinen Workshops mit Wissenschaftlerinnen diskutiere ich diese Punkte regelmäßig:

1. Suche dir Verbündete für deine Idee!

Gehe strategisch in Sitzungen, Arbeitsgruppen, Besprechungen: Suche dir vorab Kolleginnen, die deine Idee stützen. Besprich dich mit ihnen, schmiedet gemeinsam einen Plan. In der Konferenz stellst du dein Thema vor, deine Kolleginnen springen dir bei: „Gute Idee, genau das brauchen wir unbedingt, weil ...“, „Finde ich auch, das bringt uns voran für ...“. Nebeneffekt: Keiner in der Runde kann mehr deine Ideen klauen, umformulieren und als die eigenen verkaufen.

2. Kommt nur eine? Dann eben keine!

Du bist auf ein Podium, in einen Expert:innenkreis oder eine Jury eingeladen und sollst die einzige Frau sein? Nutze deine Macht und fordere das Organisationsteam dazu auf, paritätisch zu besetzen. Mach Vorschläge für andere qualifizierte Frauen, hol deine Kolleginnen mit ins Boot, baue Druck auf. Mit einem unausgewogenen Panel kann sich heute keiner mehr sehen lassen. Falls du es dir leisten kannst, drohe mit Absage, falls deinem Wunsch nicht nachgekommen wird.

3. Wenn du absagen musst, empfiehl eine andere Frau!

Sage keine Einladung zu einem Interview, einem Kongressvortrag oder in ein Gremium ab, ohne eine andere Frau zu empfehlen! Bring deine Kolleginnen ins Spiel, stell Kontakte her, verknüpfe die Seile an ihren losen Enden. Das Netz ist gespannt und wird dich beim nächsten Mal auffangen: Dann empfiehlt deine Kollegin dich, wenn sie selbst nicht kann.

4. Sprich einmal täglich gut über eine andere Frau!

Einfach umzusetzen, es kann sofort losgehen, heute beim
Mittagessen oder in der Cafeteria: Erwähne einmal am Tag die Arbeit einer geschätzten Kollegin oder das positive Verhalten einer Freundin. Das Patriarchat hat uns alle gelehrt, Frauen abzuwerten. Wir dürfen uns jetzt darin üben, Frauen aufzuwerten. Fahrt die Ellenbogen ein, macht euch gegenseitig ehrliche Komplimente, solidarisiert euch. Sisterhood statt jede für sich – so geht modernes Netzwerken unter Frauen.

Eva Lindner ist freie Wissenschaftsjournalistin, Trainerin und Coachin. In ihren Workshops unterstützt sie Wissenschaftlerinnen für mehr Sichtbarkeit in den Medien und auf Social Media. Sie war von 2020 bis '23 im Vorstand von ProQuote Medien. Der Verein setzt sich für Gleichberechtigung und Diversität in Redaktionen ein.

E-Mail: mail@eva-lindner.com
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