Foto: © Erik Hinz photography

Im Team lässt sich mehr erreichen

In ihrer Funktion als Vorstandsmitglied der Augenchirurginnen e. V. kam die Autorin zum Runden Tisch. Ihr Anliegen: Chancengleichheit für junge Ärztinnen.

Ich selber gehöre zu der Generation, in der immer eine:r zu viel war. Daher musste ich stets kämpfen, zum Beispiel, um einen Praktikumsplatz zu erhalten, um „on time“ zum Physikum zugelassen zu werden und um – bei der damaligen Ärzteschwemme – überhaupt eine Stelle als Arzt im Praktikum (AiP) zu ergattern. Ferner war es damals schwierig, seine Weiterbildung vollzubekommen, da zu wenig Weiterbildungsstellen vorhanden waren. Es gab den Flaschenhals von drei fertigwerdenden AiPlern auf eine Weiterbildungsstelle. Ich habe es geschafft und bin seit 25 Jahren Mitinhaberin eines der größten inhabergeführten Augen-Zentren Deutschlands. Mit meiner Erfahrung möchte ich gerne jungen Kolleginnen, die interessiert sind, Tipps für ihren beruflichen Werdegang geben und ihnen immer wieder aufzeigen: „Was man will, das kann man!“

Größere Reichweite

Hierbei sind die Probleme und Fragestellungen in den unterschiedlichen Fachgebieten der Medizin ähnlich und gemeinsam mit einem Team wie dem DÄB können wir sowohl mehr Kolleginnen erreichen als auch mehr für sie tun.

Es ist mir ein besonderes Anliegen, bekannter zu machen, dass man als schwangere Ärztin weiterhin arbeiten und auch weiterhin operieren darf, wenn im Rahmen der Gefährdungsanalyse bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Leider ist dieser Umstand noch viel zu wenig in den Köpfen von Verwaltungen bekannt. Ärztinnen müssen immer noch häufig ihre operative Tätigkeit pausieren, sobald sie ihre Schwangerschaft bekanntmachen – oder sogar die Facharztausbildung aufgrund von Beschäftigungsverboten unterbrechen. Hierdurch werden willige und zielstrebige Ärztinnen in der fachlichen Profilierung und in ihrer Karriereplanung leider zurückgeworfen. Sie erfahren Verzögerungen in ihrem beruflichen Werdegang, was nicht selten mit Nachteilen gegenüber männlichen Kollegen einhergeht, die Aus- und Weiterbildungen früher abschließen können und dadurch eher für die Besetzung höherer Positionen bereit sind. Mit meiner Teilnahme am Runden Tisch möchte ich deshalb für mehr Aufklärung und Chancengleichheit in diesem Punkt sorgen.

Trugschluss zur Elternzeit

Hinzu kommt, dass auf die Schwangerschaft meist eine Elternzeit folgt. Häufig übernehmen dies ebenfalls Frauen; aus meiner Erfahrung heraus allerdings nicht ausschließlich. Dass die Elternzeit heute zwischen den Elternteilen aufgeteilt werden kann und daher auch ein Arzt potenziell für den Arbeitgeber ausfallen kann, sehe ich auch in vielen Köpfen von Verwaltungen noch nicht entsprechend verinnerlicht. Eine quasi vorsorgliche Bevorzugung männlicher Kandidaten aus vermeintlich strategischen Überlegungen halte ich daher nicht nur für eine Benachteiligung, sondern auch für einen Trugschluss.

Aus meiner Tätigkeit als Geschäftsführende Gesellschafterin heraus bin ich oft mit dem Thema Fachkräftemangel konfrontiert. Der führt bei uns im ländlich geprägten Münsterland und Emsland bereits heute zu einem Mangel an ärztlichen Mitarbeitenden. Ich denke, dass wir es uns nicht erlauben sollten, auf Fachkräfte und talentierte Chirurginnen zu verzichten, nur weil sie weiblich sind. Ich wünsche mir, dass wir im Team der Ärztinnen am Runden Tisch auch hierfür innovative Lösungen finden, um Ärztinnen mit Familienfreundlichkeit und Chancengleichheit im Beruf zu fördern und als Mitarbeiterinnen zu gewinnen. Dazu leiste ich gern meinen Beitrag.

Dr. med. Stefanie Schmickler ist Augenärztin und Geschäftsführende Gesellschafterin des Augen-Zentrum-Nordwest in Ahaus.

E-Mail: st.schmickler@augen-zentrum-nordwest.de
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