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Medizinische Suizidassistenz aus weiblicher Sicht: Ärztinnenbund fordert differenzierte Betrachtung

Stellungnahme des DÄB-Ethikausschusses

Pressemitteilung
08.09.2025

Der Deutsche Ärztinnenbund e. V. (DÄB) legt eine Stellungnahme zur medizinischen Suizidassistenz vor – mit einer besonderen Fokussierung auf die Perspektive von Frauen. Der Ethikausschuss des DÄB beleuchtet darin nicht nur medizinethische Fragen, sondern rückt geschlechterspezifische Unterschiede in Lebensrealitäten, Bedürfnissen und Herausforderungen in den Mittelpunkt.

„Weibliche Lebensläufe sind anders – sie verlaufen häufig unter dem Druck, gesellschaftlichen Erwartungen zu entsprechen, geprägt von Care-Arbeit, Altersarmut und sozialer Isolation im Alter. Diese Faktoren müssen bei der Diskussion um Suizidassistenz mitgedacht werden“, betont Dr. med. Dorothee Dörr, stellvertretende Vorsitzende des DÄB-Ethikausschusses. „Einen besonderen Fokus möchten wir auf die Entwicklung von Präventions- und Hilfsangeboten legen. Diese müssen das grundsätzliche Recht auf Suizid beachten, die freiverantwortliche Entscheidung sichern und Menschen individuell, empathisch und würdevoll begleiten.“

Die Ärztinnen des DÄB fordern, Suizidprävention wie Suizidassistenz differenziert und unter Einbezug von Gender-Aspekten zu gestalten. Denn während Suizide häufiger von älteren Männern allein ausgeführt werden, zeigen etwa Schweizer Daten zur Suizidassistenz eine annähernde Geschlechterparität – ein Hinweis auf unterschiedliche Beweggründe und Bedarfe. So könne etwa eine prekäre finanzielle Lage oder Einsamkeit bei älteren Frauen verstärkt zu Sterbewünschen führen, ohne dass eine frei verantwortliche Entscheidung vorliegt.

„Wir setzen uns dafür ein, innerhalb der Ärzt:innenschaft offen über das frei verantwortete Sterben zu diskutieren“, erklärt Dr. med. Gabriele du Bois, Vorsitzende des Ethikausschusses. „Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag für die medizinische Praxis sowie für die gesellschaftliche Debatte.“

Ein weiteres zentrales Anliegen des DÄB: eine bessere Ausbildung und Begleitung von Mediziner:innen im Umgang mit Tod und Suizidwunsch. „Das Thema Tod sollte Teil des Medizinstudiums sein“, fordert Dr. med. Christiane Groß, Präsidentin des DÄB. „Wie gehe ich mit dem Todeswunsch eines Patienten oder einer Patientin um? Wie kann ich zur Suizidprävention beitragen? Welche Gesprächsführung wird im Kontakt mit Suizidgefährdeten empfohlen? Mit all diesen Fragen dürfen unsere Ärztinnen und Ärzte nicht allein gelassen werden.“
Der DÄB setzt sich daher nicht nur für eine geschlechtersensible Gesetzgebung ein, sondern auch für psychosoziale Unterstützungsstrukturen, einen flächendeckenden Ausbau von Gesprächsangeboten zur gesundheitlichen Vorausplanung sowie die Förderung von Forschung mit Fokus auf die Implikationen von Suizidassistenz für Frauen – als Patientinnen, Zugehörige und Ärztinnen.

Die vollständige Stellungnahme des DÄB-Ethikausschusses finden Sie hier.